Strategie-Hammer angespielt: "Anno 117" könnte absolut fantastisch werden

Zu Beginn des Spiels wählen wir zwischen dem keltischen Königreich in Albion, das hier zu sehen ist, oder dem römischen Reich in Latium.
(Foto: Ubisoft)
Ein Anno im alten Rom. Muss man da noch mehr sagen? Vermutlich nicht, aber wir tun es trotzdem. ntv.de durfte den neuen Teil des Aufbauspiels vom deutschen Entwickler Blue Byte mehrere Stunden anspielen - und konnte dabei den spannenden neuen Ansätzen von "Anno 117" auf den Zahn fühlen.
Sonnenstrahlen fallen rotorange durch die Pfeiler unseres frisch gebauten Aquädukts, die Menschen auf den Straßen ziehen Karren hinter sich her und besuchen den Markt, im Hintergrund erstrecken sich Steinhäuser so weit das Auge reicht. Hach ja, Anno. Nur dreieinhalb Stunden Anspiel-Session reichen, und man ist wieder ganz tief drin in dem altbekannten Sog des Aufbauspiel-Klassikers.
Aber erstmal von vorne. "Anno 117", das noch dieses Jahr erscheinen soll, entführt die Spielerschaft in die Phase des römischen Friedens, auch Pax Romana genannt. So kann man geschickt das eigentlich kriegerische Römer-Zeitalter und die gemütliche Anno-Aufbau-Idylle verbinden. Die beinahe 200 Jahre währende Periode, die von relativem Frieden und Stabilität im Römischen Reich geprägt war, erlaubt gemütlichen Städtebau. Florierende Wirtschaft, Handelsnetzwerke und Kultur, das klingt doch nach Anno.

Der achte Teil der Anno-Reihe wagt sich ins antike Rom.
(Foto: Screenshot: Anno 117)
Zum ersten Mal können die Spieler in einem Anno-Spiel auch zwischen verschiedenen Startprovinzen wählen. Entweder das Römische Reich in Latium oder das keltische Königreich in Albion darf regiert werden. Loyalist oder Rebell? Das entscheidet man selbst. Wir starten beim Anspieltermin jedoch automatisch in Latium.
Wenn unser Schiff dann endlich an der noch unbesiedelten Insel anlegt, fällt direkt auf: Das sieht alles ziemlich nach "Anno 1800" aus. Dieser erste Eindruck bestätigt sich in den wenigen Stunden der Anspielsession über weite Teile. Entwickler Ubisoft Blue Byte baut mit Pax Romana auf dem Fundament des Vorgängers auf - und das dürfte eine sehr gute Entscheidung sein. Schließlich war "Anno 1800" ein großartiges Aufbauspiel. Und mal ganz kurz eingeworfen: "Anno 1800" sah schon großartig aus, aber der Rom-Ableger haut da nochmal eine Schippe drauf. Da kann man schonmal das Wort atemberaubend in den Mund nehmen.
"Anno 117" bringt einige NeuerungenAber auch wenn sich vieles bekannt anfühlt, merkt man doch auch schnell: Da ist einiges neu dazugekommen. Das fängt schon an, wenn wir unsere ersten Wohnhäuser platzieren. Die können wir nun nicht mehr nur wie früher im typischen Raster in 90-Grad-Winkeln anlegen, sondern auch in einem 45-Grad-Winkel. Das gibt findigen Städtebauern mehr Möglichkeiten, die römische Siedlung den eigenen Bedürfnissen entsprechend anzupassen. Wer aber gerne bei der unkomplizierteren Bauweise der bisherigen Anno-Teile bleibt, kann die Neuerung einfach ignorieren.

Schräg bauen ist in "Anno 117" erstmals möglich.
(Foto: Ubisoft)
Auch neu sind sogenannte Gebäudebuffs. Einige Produktionsgebäude haben positive und negative Effekte für jedes Wohngebäude in ihrem Radius. Platzieren wir beispielsweise eine Bäckerei in einem Wohngebiet, erhalten wir für jedes erreichte Gebäude zusätzliches Einkommen. Allerdings steigt auch die Brandgefahr im gleichen Maße. Nutzen und Risiko wollen also gut abgewägt sein.
Wie schon in vorherigen Annos müssen wir die Bedürfnisse unserer Arbeitsklasse erfüllen, damit sie in der Stufe aufsteigen können und wir damit neue Gebäude freischalten. Neu ist jetzt allerdings, dass es optionale Bedürfnisse gibt. Erfüllt werden muss beispielsweise nur noch das Bedürfnis nach Essen. Ob man das mit Sardinen oder Haferbrei macht, ist egal. Sardinen bringen etwas mehr Geld ein, Haferbrei stärkt dafür die Populationsgröße und damit Arbeitskraft mehr. Zufrieden genug für den Klassenaufstieg sind die Bürger jedoch, egal, was man ihnen bietet.

Das Militärsystem wurde überarbeitet, hier sehen wir Landtruppen. Dazu, das System wirklich auszuprobieren, kamen wir beim Anspielen leider nicht.
(Foto: Ubisoft)
Auch neu ist der in Ökonomie, Soziales und Militär unterteilte Wissenschaftsbaum. Um hier Fortschritte zu erzielen, müssen wir ein Grammaticus, also eine Schule, bauen. Je mehr Wohnhäuser in Reichweite der Schule stehen, desto mehr Wissenschaftspunkte bekommen wir und umso schneller erforschen wir neue Technologien. Eigentlich eine gute Idee.
In der kurzen Anspiel-Session wurde allerdings nicht klar, wie weitreichend die Folgen des Wissenschaftsbaumes sind. Sollte sich herausstellen, dass neue Technologien das Spiel nur im Kleinen beeinflussen, wie das in den ersten Spielstunden zunächst der Fall war, dürfte das der Neuerung einen Dämpfer verpassen. Wer sich durch ein kompliziertes Menü klickt und unzählige Optionen durchliest, um am Ende mit zehn Prozent mehr Effizienz in der Holzfällerhütte dazustehen, könnte schnell keine Lust mehr auf das System haben. Kleinteilige Komplexität, die das Spielgefühl nicht maßgeblich beeinflusst - das könnte manchen sauer aufstoßen.

"Anno 117" hat einen komplexen Wissenschaftsbaum.
(Foto: Screenshot: Anno 117)
Etwas simpler, aber interessant, ist auch das Sanktuarium. Hier können wir einen Schutzgott für unser Volk auswählen und erhalten je nach Gott und Stärke des Glaubens bestimmte Boni. Wir entscheiden uns für Ceres, die Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit, die unsere Landwirtschaft stärkt. Den Glauben unseres Volkes nutzen wir also geschickt zu unserem eigenen Vorteil, wie schon so mancher großer Herrscher vor uns.
"Anno 117" könnte ein Leckerbissen werdenFür eine richtige Prognose reichen die wenigen Stunden, die wir mit Anno verbringen durften, nicht aus. Wie schwer es war, sich nach der Anspiel-Session wieder vom Bildschirm zu lösen und Anno zu schließen, zeigt aber schon mal eines: Blue Byte hat in "Anno 117" schon jetzt sehr vieles richtig gemacht. Das neue Setting ist für Antike-Fans ein richtiger Leckerbissen, die solide Grundlage des Vorgängers wird sinnvoll weiterentwickelt und die Neuerungen machen Lust auf mehr.
Wie viel Langzeitmotivation "Anno 117" bieten wird, dürfte auch davon abhängen, wie sehr die Neuerungen im späteren Spielverlauf greifen. Wie gut funktioniert das Militärsystem mitsamt Landschlachten, zu dem wir beim Testtermin nicht wirklich gekommen sind? Ist der Wissenschaftsbaum ein richtiger Game-Changer oder nur eine kleine Beigabe, die sich schnell abnutzt? Wie spielt sich die zweite Startgegend Albion? Und wie sehr dürfen wir uns am Ende wie ein richtiger römischer Baumeister fühlen, der prunkvolle Städte voller Aquädukte und Arenen aus dem Boden stampft? Das wird die Zeit zeigen, die ersten Anzeichen stimmen aber schon mal hoffnungsvoll.
Quelle: ntv.de
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